Gerade erst ist in der Kiesstraße ein großer Wohnblock fertig geworden. Da knabbern die Bagger schon am Nachbargebäude, und nach dessen Abriss werden auch dort Eigentumswohnungen entstehen, 61 an der Zahl.
Nein, eine Schönheit war er nie, der Bau, der am Westende der Kiesstraße dem Hessischen Verwaltungsschulverband diente. Generationen von Fachbeamten und Angestellten erhielten hier ihren letzten Schliff, lernten die richtige Position des Bleistifts auf dem Schreibtisch und die akkurate Lautstärke des Morgengrußes, mit dem Amtsleiter willkommen geheißen werden. Das geschah in einem Gehäuse mit dem klassischen Schick der siebziger Jahre; Waschbetonfassaden auf verwinkeltem Grundriss; dunkel gefasste Fensterbänder, hinter deren Knicken sich die Büroflächen auffächerten.
Seit ein paar Tagen greift hier der Bagger zu, und es ist dem Gerät ein Leichtes, zwei Tonnen schwere Wandplatten aus der Verankerung zu heben. Noch drei Wochen, dann ist von dem Gebäude nichts mehr zu sehen; zerbrochen, zerschreddert und zermahlen landet es auf einer Bauschuttdeponie.
Und ein neues entsteht. Genauer gesagt, vier neue entstehen – ein Riegel parallel zur Kiesstraße und in seinem Rücken drei Würfel jener Art, die man heute „Stadthäuser“ nennt. Sie setzen den Komplex fort, der in den vergangenen zwei Jahren in die Höhe wuchs, gleich nebenan.
Dort sind inzwischen vierzig Eigentumswohnungen bezogen; „da ist richtig Leben“, freut sich Investor Ergün Karakaya. Mütter mit Kinderwagen strebten gestern Morgen dem noch provisorischen Eingang zu. Dass es Familienleben ist, das sich hier ausbreitet, zeigt auch der große Spielhof inmitten der U-förmigen Anlage. Ein idealer Standort: Ruhig und geschützt, zugleich mitten in der Stadt, eine Minute zum Rewemarkt und fünf Minuten zum Ludwigsplatz.
Diese Qualitäten will Karakaya nun ein zweites Mal ausspielen. Die neue Anlage soll sich mit der vorhandenen zu einem Gesamtensemble zusammenschließen. Hinzu kommen 61 Wohnungen unterschiedlicher Ausmaße, vom 26 Quadratmeter großen Appartement bis zum 150 Quadratmeter großen Penthouse mit Dachterrasse. Die Quadratmeterpreise liegen zwischen 3400 und 4400 Euro, die Wohnungspreise reichen von 193 000 bis 649 000 Euro. Bis zum Herbst des nächsten Jahres sollen die abermals vom Wiesbadener Architekten Markus Fuhr entworfenen Häuser fertig sein.
In den letzten Zügen liegt dagegen Karakayas zweites aktuelles Projekt, die Eckbebauung am Roßdörfer Platz. Und Karakaya wäre nicht Karakaya, würde er nicht schon mit weiteren Flächen im Woogsviertel liebäugeln. Bauen kann man ja fast überall, und der Immobilienmarkt ist derzeit so dynamisch wie selten.
Allerdings rentieren sich, sagt Karakaya, eigentlich nur Eigentumswohnungen. „Mietwohnungen würden wir ja gerne machen, aber . . .“, seufzt der Investor. Eine Sache der Lage und der Objekte. Wären die Grundstücke nicht so erstklassig, „oder wenn wir es mit Sanierung im Bestand zu tun hätten statt mit Neubau“, sagt Karakaya, „ja dann würden sich auch Mietwohnungen lohnen. Um den Markt zu entspannen.“